MentalesWissenschaft und Life Coaching

Mental Health vs. Mental Illness

Wer sich für das Thema interessiert, dem wird aufgefallen sein, dass in den letzten Jahren zunehmend mehr die Rede von „Mental Health“ bzw. mentaler Gesundheit als von „Mental Illness“ die Rede ist. Und das stellt meiner Meinung nach eine sehr wichtige Entwicklung dar, die einige neue und hilfreichere Perspektiven auf das Thema erlaubt:

 

  1. „Das ist ja krank!“ – ein verheerendes Stigma

Krankheit setzt gemeinhin als Grundzustand die Gesundheit, den „eigentlich richtigen“ und „guten“ Zustand voraus, von dem nun abgewichen wurde hin zu einer „krankhaften“ Veränderung. Wer krank ist, ist außerdem oft ansteckend. Man hält sich darum fern von Kranken. Aus Gründen der Hygiene, aus Gründen des Überlebens. Und obwohl Depressionen im Gegensatz zur Pest nicht ansteckend sind, werden doch viele Menschen, die unter „psychischen Störungen“ leiden wie Aussätzige behandelt oder gesellschaftlich benachteiligt – so verhindert eine Psychotherapie z.B. oft die Verbeamtung von jungen Lehrern, auch wenn diese schon lange nicht mehr in Behandlung sind und keinerlei Einschränkungen (mehr) in ihrem Alltag erleben.

 

  1. Von der Irrenanstalt zur psychiatrischen Klinik

Von gänzlich Ausgestoßenen über Weggesperrte bis hin zu Patienten reicht die Leidensgeschichte der „Geisteskranken“. Wer dazugehörte, wurde lange in Ketten gelegt und in gefängnisartigen Einrichtungen oft quälenden und nur selten hilfreichen „Therapien“ ausgesetzt. Es dauerte bis ins 19. Jahrhundert, bis diesen Menschen überhaupt „Krankenrechte“ zugestanden und sie etwas menschlicher behandelt wurden.

Weitere große Fortschritte hier waren der Anschluss der „Irrenhäuser“ an Krankenhäuser, der Einzug von Ärzten und damit auch Heilungsversuchen. In den 1950er Jahren wurden die ersten Psychopharmaka hergestellt, welche inzwischen auch oft in die Kritik geraten, da sie manchmal als einfacher Ersatz für Therapie und manchmal sogar Ruhigstellung der Patienten missbraucht wurden.

Inzwischen gab es hier viele wichtige Fortschritte hin zu einer humanen Behandlung der Patienten. Man versucht Besserung und Heilung durch eine Kombination von Therapie und Medikamenten zu erreichen.

 

  1. Ein neuer Trend – von der Heilung zur Prävention

In den letzten Jahrzehnten kamen psychische Erkrankungen, vor allem Burn Out und Depressionen, mehr und mehr ins Gespräch und erlangten öffentliches Interesse. Dies hat verschiedene Auswirkungen sowohl auf die Nachfrage nach Medikamenten und Therapien – und damit aber auch Kosten für die Krankenkassen – als auch auf die allgemeine Wahrnehmung und immer mehr auch Akzeptanz zumindest der am weitesten verbreitetsten Probleme.

So beschäftigt das Thema Burn Out massiv die HR-Bereiche von Firmen, Hausärzte, Therapeuten sowie Versicherungen (z.B. Kranken-, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung). Denn durch Arbeitsausfälle steigen hier die Kosten. Und dies führt mehr und mehr dazu, dass man versucht über Work-Life-Balance in den Firmen, Coaches, Trainer und andere Maßnahmen dieser Entwicklung präventiv entgegenzuwirken. Auch die Krankenkassen werden langsam aktiv und bieten zunehmend kostenfreie Materialien oder Kurse für ihre Versicherten an, damit diese sich gar nicht erst krank schreiben lassen müssen.

 

  1. Gesund sein vs. gesund bleiben

„Es ist gesund.“ lautet oft eine der ersten Aussagen, wenn ein neues Kind geboren wird. Wenn es keine angeborenen Krankheiten hat oder durch Umstände während der Schwangerschaft oder Geburt Schaden genommen hat. Ein „perfekter“ kleiner Mensch.

Gesundheit in diesem Sinne scheint genetisch vorprogrammiert. Man ist ein „gesunder Mensch“ so wie man auch groß oder klein, blond oder brünett ist. Doch diese Vorstellung muss heute als überholt gelten, denn es zeigt uns nicht nur die Epigenetik, dass unsere Gene durch Umwelteinflüsse „an-“ und „abgeschaltet“ werden, sondern auch die jahrzehntelange Forschung in den Bereichen der sogenannten „Zivilisationskrankheiten“, wie unser Life Style sowie unsere Einstellungen unseren Gesundheitszustand beeinflussen.

 

  1. Verbesserung statt Reparatur

Der Fokus auf mentale Gesundheit verspricht nicht nur Prävention von Krankheit, sondern auch vermittelt auch Hoffnung für diejenigen, die bereits jetzt Hilfe für ein seelisches Leiden suchen. Mentale Gesundheit in den Vordergrund zu stellen heißt anzuerkennen, dass Gesundheit kein gegebener, vorprogrammierter und „sicherer“ Zustand ist, an dem wir nur wenig ändern können. Es heißt ganz im Gegenteil, dass wir mehr und mehr dazu aufgefordert sind, uns zu fragen, was alles unsere geistige und körperliche Gesundheit beeinflusst, wie beide zusammenhängen und welche Bereiche oder Teile unseres Lebens und Alltags unser Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit steigern und wodurch wir uns selbst schaden oder Schaden ausgesetzt sind.

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